Die neue Dauerausstellung, auf rund 600 Quadratmetern präsentiert, kann als das Herzstück des Museums bezeichnet werden. Sie bietet einen umfassenden und dennoch kurzweiligen Überblick zu 200 Jahren Harmonikageschichte (so jung sind Mund- und Ziehharmonika!); natürlich unter Thematisierung der Vorläufer-Instrumente.

 

Die Gliederung der großzügig und professionell gestalteten Ausstellung verweist auf die Themenschwerpunkte sowie auf den multimedialen Ansatz. Besucherinnen und Besucher werden zum Ausprobieren motiviert.

Ausziehbare Schubladen und Blätterbücher bieten weitere Exponate und tiefer gehende Informationen.

1. Musikstile der Welt

So nennt sich ein Sonderbereich mit dem die Präsentation beginnt – und endet. Hier kann vor und nach dem Rundgang anhand ausgewählter Musiktitel angehört werden, wie überraschend viele Musikstile weltweit durch Harmonika-Instrumente geprägt wurden.

Ein Hörerlebnis an fünf Sitzplätzen mit Kopfhörern, das beim Besucher bestens ankommt.

Bei Gruppenführungen werden den Gästen die Musikbeispiele in größerer Lautstärke präsentiert. Diese Möglichkeit besteht an allen Medienstationen.

Spaß in der Dauerausstellung
Jung und Alt haben ihren Spaß in der Dauerausstellung, Foto: Miriam Vosseler.

2. Frühgeschichte der Harmonika-Instrumente (vor 1850)

Wenige, aber herausragende Schaustücke wie eine der ältesten Handharmonikas aus Wiener Produktion (dort wurde 1829 das erste „Accordion“ patentiert) dokumentieren die Entwicklung der frühesten Musikinstrumente mit sogenannter durchschlagender Zunge.

Akkordeon aus Wiener Produktion von 1829

3. Die Geschichte der Harmonikabranche von 1850 bis heute

Dieser Hauptteil bildet – in fünf Zeitabschnitte gegliedert – den roten Faden zur gesamten Ausstellung. Im Mittelpunkt steht hierbei die „Hohner-Story“, jedoch immer in Bezug zur weltweiten Konkurrenz. Wichtige Exkurse und Sonderbereiche (siehe Punkte 4. bis 7.) ergänzen den Erzählstrang.

Hier wird auf alle möglichen Aspekte der Sozial-, Wirtschafts- und Produktgeschichte eingegangen. Diese werden durch viele hunderte interessanter Exponate, mitunter kostbare Unikate, dokumentiert. Dabei sind die originellsten Geschichten / Exponate durch rote Bauelemente, „Anekdotenboxen“, gekennzeichnet.

Die Industrialisierung der Branche (1850 – 1900) symbolisiert das Plakatmotiv „Erika“, das den Firmengründer Matthias Hohner beim Verkauf an alle Welt zeigt. Besonders kostbar sind die in Wien gefertigten Elfenbein-Mundharmonikas von Wilhelm Thie. Den Qualitätsprodukten dieser Firma eiferte Hohner nach.

„Erika“, Hohner-Werbemotiv, um 1900
„Erika“, Hohner-Werbemotiv, um 1900.

Die Blütezeit der Harmonikas made in Germany (1900 – 1930) bildet den größten Teilbereich. Dieser widmet sich nicht nur dem weiteren Aufstieg der Matth. Hohner AG zum dominanten Hersteller, sondern auch ausführlich der einst bedeutenden Harmonikaindustrie in Sachsen und Thüringen. Ein weiterer Exkurs behandelt die Baugeschichte sowie die Ausdehnung der Trossinger Harmonikaindustrie in die Region, als um 1900/1910 Dutzende von Zweigfabriken gegründet wurden. Doppelter Blickfang sind hier das Originalplakat mit einer Firmenansicht von 1925/26 sowie ein koloriertes Holzmodell des Werks I der Hohner AG.

 

Katalogwerbung der einstigen Klingenthaler Firma Böhm
Katalogwerbung der einstigen Klingenthaler Firma Böhm, großformatig präsentiert.

Stellvertretend für die größte Blütezeit der Mundharmonika steht der größte Star des 20. Jahrhunderts. Larry Adler, der mit seiner Hohner-Chromonica die Bühne eroberte und die „Mundharfe“ salonfähig machte. Adler, der „Paganini der Mundharmonika“ wird mit einer Hörstation gewürdigt.

Als spektakuläres Exponat wird die zerschossene Mundharmonika „Schwabentreue“ herausgehoben präsentiert. Dieses Hohner-Modell rettete einem schwäbischen (!) Weltkriegssoldaten das Leben. 

Krisenzeiten und Wiederaufstiege (1930 – 1960) haben ein Wandfoto des legendären Gründerenkels Ernst Hohner als so genanntes Leit-Exponat. Über Jahrzehnte hinweg steuerte er als Firmenchef das Unternehmen durch die Zeitläufte. Ernst Hohner war der große Förderer des Akkordeons und holte 1928 den berühmten Konstrukteur Venanzio Morino nach Trossingen.

Ernst Hohner
Direktor Ernst Hohner im Musterzimmer der Firma.

 

Einen Höhepunkt innerhalb der Akkordeonszene manifestierte sich im Orchester des Hauses Hohner (1947 – 1963), das als „Accordion Symphony Orchestra“ weltweit unterwegs war.

Selbstverständlich werden auch die Biografien anderer Größen der Akkordeon- und der Mundharmonikaszene in Zusammenhang mit beispielhaften Schaustücken geschildert. Und selbstverständlich wird die Vita des Gründerenkels Ernst Hohner nicht unkritisch geschildert.

Einschlägige Exponate dokumentieren die Harmonikaindustrie in den bewegten 1930er und 1940er Jahren sowie im letzten Jahrzehnt der großen Blüte. Höhepunkt und Wendemarke bildete die Hohner-Hundertjahrfeier 1957.

Superlative und Existenzkrise (1960 – 1990) und Globalisierung und rascher Wandel des Marktes (1990 – 2015) heißen die letzten beiden Teilbereiche, in denen das Ende des Harmonikabooms und das „Beinahe-Ende“ des Hohner-Imperiums dokumentiert werden. Besondere Exponate zu den Themen Melodica und Musikelektronik sowie eine reizvolle Hörstation mit dem Originalton des ersten im Weltall gespielten Musikinstruments (eine Miniatur-Mundharmonika!) gehören ebenso dazu wie eine – bewusst an das Ende gesetzte – Auswahl von Klassikern und Weiterentwicklungen der „Marine Band“, des populärsten Mundharmonika-Modells aller Zeiten.

Aktuelle Websites und digitale Bilderrahmen zur Musikszene des 21. Jahrhunderts runden das Angebot ab.

„Marine Band“, um 1900
Eines der ältesten Exemplare des Klassikers „Marine Band“, um 1900, Foto: Petra Schramböhmer.

 

4. Das Harmonikaprodukt, die Herstellung der Harmonika-Instrumente

Instrumente der Mundharmonikafertigung
Instrumente der Mundharmonikafertigung

Auf einem Podest werden für die Mundharmonikafertigung wesentliche Maschinen und Werkzeuge präsentiert. Bei Gruppenführungen und im Vorführbetrieb werden der Zusammenbau und das Stimmen der Instrumente gezeigt. Daneben sind an speziellen Tischen Aufbau und Produktion der Mundharmonika und der Handzuginstrumente zu sehen. Dort können auch informative Kurzfilme abgerufen werden.

 

 

Interaktiver Stammbaum der Harmonikainstrumente.
Interaktiver Stammbaum der Harmonikainstrumente.

Herausragend ist der interaktive Stammbaum der Harmonikainstrumente! Integriert in den Tisch zu Aufbau und Herstellung des Akkordeons kann der Besucher am digitalen Stammbaum via Touchscreen-Funktion nicht nur die einzelnen Instrumententypen anwählen, anschauen und wissenswerte Fakten nachlesen, sondern ebenso Hörbeispiele abrufen und so die klangliche Vielfalt „heraushören“.

5. Das Marketing, ein Spiegel des Zeitgeists

Design und Verpackung der Mundharmonikas sind nicht nur eine Augenweide, sondern spiegeln tatsächlich den Zeitgeist wider. Kein anderes Produkt wurde so facettenreich vermarktet. In zwölf große drehbare Vitrinen, thematisch verteilt, finden sich Zeppelinmodelle für Technikbegeisterte, Mundharmonikas für Sportler und Patrioten aller Länder und Regionen, Instrumente/Etuis mit politischem und auch militärischem Bezug (besonders der Erste Weltkrieg spiegelt sich wider) und sehr vieles mehr.

Die legendäre „Beatles-Harmonica“ ist gleich nebenan in die große Vitrine zum Marketing der Branche integriert, an einer roten ausziehbaren Schublade erkenntlich.

Eine der zwölf Drehvitrinen zum Thema Design und Verpackung

 

6. Sonderbereich Handzuginstrumente im 20. Jahrhundert.

An vielen anderen Punkten der Dauerausstellung sind Akkordeons und Handharmonikas zu sehen, doch hier an der „Riesenvitrine“ sind nahezu 100 der schönsten und wichtigsten aus unserer Sammlung zu bewundern, darunter das größte Knopfgriffakkordeon der Welt, gefertigt 1953.

7. Der multifunktionale Filmraum

bildet innerhalb der Dauerausstellung einen Sonderbereich (und Ruhepunkt), der jederzeit aufgesucht werden kann. Zehn durch Mausklick abrufbare Filmprogramm-Zusammenstellungen zeigen Filme und Ausschnitte aus dem reichhaltigen Museumsfundus – von den 1930er bis in die 1960er Jahre sowie von der großen 150-Jahr-Feier Hohners im Jahr 2007.

Ausgewählte Filmausschnitte werden auch bei Gruppenführungen präsentiert.