Jubiläum: 60 Jahre Dr.-Ernst-Hohner-Konzerthaus

Am 22. Mai 1960 wurde das Dr.-Ernst-Hohner-Konzerthaus in Trossingen feierlich eingeweiht. Pünktlich zum 60. Geburtstag erscheinen eine Sonderbriefmarke sowie zwei Bildpostkarten. (siehe Infokasten) Eine Geburtstagsfeier kann aus den bekannten „Pandemie-Gründen“ derzeit nicht stattfinden. Sie wird aber nachgeholt, wenn das Konzerthaus – hoffentlich bald – wieder seinen Zweck als Musentempel erfüllen darf.

Zur Entstehungsgeschichte

Mitte der 1950er befand sich Ernst Hohner mit der Firma auf dem Zenit der Macht. Seinen 70. Geburtstag ließ er im Sommer 1956 förmlich zelebrieren.

Zu diesem Anlass wurde das Projekt „Ernst Hohner Musikschulen“ aus der Taufe gehoben, als dessen Kernbau das Konzerthaus geplant war. Die Einleitung eines großen Zeitungsbeitrages vom 27.6.1956 sagt alles über die nahezu kultische Verehrung des Industriekapitäns aus:

„Direktor Ernst Hohners Leben und Werk hat gestern seine Krönung erfahren. In einer eindrucksvollen Feierstunde im Saalbau „Rose“ in Trossingen, die noch eine besondere Note durch die Teilnahme des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Dr. Gebhard Müller erhielt, wurde dem Jubilar (…) die Würde eines Ehrendoktors der philosophischen Fakultät der Universität Tübingen zuteil. (…)

Eine nicht alltägliche Ehrung des Jubilars nahm die Stadt Trossingen vor. Die Stadtverwaltung spendete aus Dankbarkeit gegenüber Direktor Ernst Hohner den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Trossingen mit 70 u. mehr Jahren ein Geldgeschenk in Höhe von 10 DM u. den Schulkindern ein solches von 5 DM. In die Chronik der Stadt Trossingen aber wird der gestrige 26. Juni als ein Tag der Freude einziehen. Die Fa. Matth. Hohner AG. stiftete aus Anlass des Geburtstages von Dir. Ernst Hohner 300 000 DM zwecks Gründung einer „Ernst-Hohner-Schul-Stiftung“ für den Bau von Schulgebäuden.“

Bürgermeister Rudolf Maschke und Direktor Ernst Hohner begutachten das Modell des geplanten „Musikschulwerks“.

Im Rahmen der großartigen 100-Jahr-Feier der Hohner AG fand im Sommer 1957 die Grundsteinlegung zum großen Bauprojekt statt. Es hieß nun „Ernst-Hohner-Musikschulwerk“. In den folgenden drei Jahren befand sich also am nordöstlichen Stadtrand Trossingens eine Großbaustelle.

Bei der Einweihung am 22. Mai 1960 (und bis heute!) prangte am Eingang des Konzerthauses noch der Schriftzug „Ernst-Hohner-Musikschulwerk“, doch die projektierten Gebäude waren nur zum Teil gebaut. Aufgrund der beschleunigten Krise der Harmonikaindustrie wurde das Werk nie vollständig realisiert – ansonsten fänden sich musikpädagogische Institutionen wie Hochschule, Hohner-Konservatorium und städt. Musikschule heute wohl direkt am Konzerthaus.

So fand aber im nördlichen Anbau die Solwegschule eine Heimat, die westliche Verlängerung entlang der Vorderfront wurde dem späteren Gymnasiumsbau zugeschlagen.

Farbiges Gemälde des Konzerthauses, publiziert als Monatsblatt November des Hohner-Kunstkalenders 1961. Die Künstlersignatur ist bisher nicht identifiziert.

Die Einweihung des Konzerthauses wurde am 22. Mai 1960 kräftig gefeiert wie Wochenschau-Filmaufnahmen eindrücklich belegen. Zu den Ehrengästen zählte unter anderem Ministerpräsident Dr. Kurt-Georg Kiesinger.

Nicht zuletzt fungierte das schöne Gebäude mit seinem auch in punkto Akustik hervorragenden großen Saal als Spielstätte für das Paradeorchester der Harmonikabewegung, für das „Orchester des Hauses Hohner“ unter Leitung von Rudolf Würthner. Dieses verkörperte wie das Konzerthaus einen Lebenstraum Ernst Hohners. –

Zur Wirkungsgeschichte

Letztlich wurde Ernst Hohners Vision „Musikschulwerk“ nur zum Teil Wirklichkeit, aber sein „Kulturwille“ hat der Musikstadt Trossingen einen gelungenen wahren Musentempel beschert, der gerade in den ersten Jahren und Jahrzehnten seines Bestehens Schauplatz glanzvoller und bestens besuchter Bühnenereignisse war.

Ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger erinnern sich gern an Gastauftritte mit Künstlern von nationalem und internationalem Rang: Hans-Joachim „Blacky“ Fuchsberger, Inge Meysel (einst die „Mutter der Nation“) und Udo Jürgens und viele mehr gaben sich die Ehre. Unter dem Titel „Glückliche Stunden im Konzerthaus“ notierte Reinhart Hohner im Trossinger Jahrbuch 2018 seine Erinnerungen als Fan der klassischen Musik.

Altstadtrat Arnold Kutzli war als Prokurist und Werbemanager der Firma Hohner über Jahrzehnte hinweg in das Geschehen involviert. Sein Rückblick auf herausragende Musik-Events wird im nächsten Trossinger Jahrbuch erscheinen. Auszugweise werden die Erinnerungen des Zeitzeugen Arnold Kutzli in einem weiteren Jubiläumsbeitrag über das Konzerthaus enthalten sein. Dieser wird in Kürze veröffentlicht und behandelt die Veranstaltungs-Geschichte des Dr.-Ernst-Hohner-Konzerthauses, insbesondere im Hinblick auf das Dreieck Stadtverwaltung – Firma Hohner – Hotel Bären.

 

Das Konzerthaus kann eine sechzigjährige Erfolgsgeschichte aufweisen. Direktor Professor Dr. Ernst Hohner (er starb am 16. Oktober 1965) hätte seine Freude!

 

Info: Briefmarke (Nennwert 60 Cent) und Bildpostkarten zum Konzerthausjubiläum sind in Zusammenarbeit von Stadtverwaltung und Deutschem Harmonikamuseum entstanden. Sie sind auf 400 beziehungsweise 500 Stück limitiert. Als Bildmotiv diente das hier abgedruckte farbige Gemälde.

Erscheinungsdatum ist der Jubiläumstag, Freitag, 22. Mai 2020. Die Produkte sind – solange Vorrat reicht auch mit dem Trossinger Tagesstempel – im Deutschen Harmonikamuseum erhältlich, nach Pfingsten auch im Bürgerbüro des Rathauses.